„Dein Pferd ist total unerzogen, meiner würde sich das niemals trauen.“ Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört! Er löst in mir nicht nur Frustration aus, sondern regt auch zum Nachdenken an. Es ist erschreckend zu sehen, wie viele Menschen glauben, dass ein „braves“ Pferd nur eines ist, das blind gehorcht und keine eigenen Gedanken oder Meinungen hat. Doch was bedeutet es wirklich, ein Pferd zu trainieren und mit ihm zu arbeiten?
1. Der Mythos des braven Pferdes
Die Vorstellung, dass ein „braves“ Pferd einfach funktioniert und keinen eigenen Willen zeigt, ist weit verbreitet. Aber was passiert mit der Individualität des Tieres? Was geschieht mit dem kreativen Potenzial eines Pferdes, das in der Lage ist, Probleme selbstständig zu lösen? Ein Pferd, das aktiv kommuniziert und mitdenkt, ist kein Zeichen von Ungehorsam – es zeigt vielmehr, dass es sich wohlfühlt und bereit ist, seine Meinung zu äußern.
2. Grenzen setzen – aber wie?
Das bedeutet nicht, dass ich meinem Pferd keine Grenzen setze. Im Gegenteil: Grenzen sind wichtig für die Sicherheit und das Wohlbefinden beider Seiten. Aber diese Grenzen sollten auf einer Basis von Vertrauen und Respekt aufgebaut sein – nicht durch Angst oder Zwang. Wenn wir lernen, die Signale unserer Tiere ernst zu nehmen und zuzuhören, können wir eine tiefere Verbindung aufbauen.
3. Die Rolle des Menschen im Training
Es scheint oft so zu sein, dass viele Menschen lieber eine leere Hülle neben sich stehen haben – ein Pferd, das einfach funktioniert und keinen eigenen Willen zeigt. Doch ich möchte kein Pferd an meiner Seite haben, das nur darauf wartet, dass ich ihm sage, was es tun soll. Ich möchte einen Partner, der denkt und fühlt! Diese Art der Interaktion erfordert Geduld und Verständnis von uns als Reiter.
4. Gemeinsam wachsen
Anstatt uns über „unerzogene“ Pferde zu beschweren oder sie abzuwerten, sollten wir den Fokus darauf legen, wie wir gemeinsam wachsen können. Jedes Training bietet die Möglichkeit zur Weiterentwicklung – sowohl für das Pferd als auch für den Menschen. Indem wir unsere Perspektive ändern und die Interaktion mit unserem Pferd als Partnerschaft betrachten, können wir eine tiefere Verbindung aufbauen.
4.1. Die Bedeutung von Kommunikation
Eine respektvolle Kommunikation ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Wenn wir lernen, die Körpersprache und die Signale unseres Pferdes zu lesen, können wir Missverständnisse vermeiden und ein harmonisches Miteinander fördern. Ein Pferd, das sich sicher fühlt, wird eher bereit sein, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken.
4.2. Geduld und Verständnis
Training ist ein Prozess, der Zeit braucht. Es erfordert Geduld und Verständnis, um die Bedürfnisse unseres Pferdes zu erkennen und darauf einzugehen. Anstatt sofortige Ergebnisse zu erwarten, sollten wir uns darauf konzentrieren, eine vertrauensvolle Basis aufzubauen. Dies wird nicht nur das Verhalten unseres Pferdes positiv beeinflussen, sondern auch unser eigenes Selbstbewusstsein im Umgang mit ihm stärken.
4.3. Die Freude an der Zusammenarbeit
Letztendlich geht es beim Reiten und Trainieren nicht nur darum, bestimmte Ziele zu erreichen oder Leistungen zu zeigen. Es geht um die Freude an der Zusammenarbeit mit einem Lebewesen, das eigene Gedanken hat und bereit ist, diese mit uns zu teilen. Ein aktives Mitdenken des Pferdes bereichert unser Training und macht es lebendiger.
Fazit: Respektvolle Partnerschaft statt Unerzogenheit
Die Aussage „Dein Pferd ist total unerzogen“ sollte uns nicht triggern oder frustrieren; vielmehr sollte sie uns dazu anregen, über unsere eigenen Ansichten nachzudenken. Lasst uns die Individualität unserer Pferde schätzen und ihnen den Raum geben, ihre Meinungen zu äußern. Indem wir eine respektvolle und vertrauensvolle Beziehung aufbauen, schaffen wir die Grundlage für ein erfolgreiches Training – eines, das auf Zusammenarbeit basiert und beide Partner bereichert.
In diesem Sinne lade ich dich ein: Höre auf Ihr Pferd! Lerne von ihm! Gemeinsam könnt ihr wachsen – in Vertrauen, Respekt und Freude an der Partnerschaft!
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